Meldung vom 23.08.2025

Michael Raffl über die NHL-Zeit: „Meine Vielseitigkeit wurde sehr geschätzt“

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Im zweiten Teil der Interviewserie haben wir mit Michael Raffl über seine Zeit in der NHL gesprochen. Der 36-Jährige erzählt über abgespeicherte Gefühle, wie er seinen eigenen Weg gefunden hat sowie die Eishockey-Unterschiede zwischen Europa und Nordamerika.

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Du hast über 600 NHL-Spiele für Philadelphia, Washington und Dallas absolviert: Gibt es prägende Momente, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Michael Raffl: „Das ist schwierig auf einige Sachen zu reduzieren – im Grunde war es das Gesamtpaket. Jede Erfahrung zusammen ergibt eine unglaubliche Geschichte. Wenn die Karriere irgendwann abgeschlossen ist, kann man all das in Ruhe Revue passieren lassen.“

Was hast du dir für das Nordamerika-Abenteuer vorgenommen?
Michael Raffl: „Ich bin mit einer Einstellung hingegangen, dass ich das jetzt versuchen will und mein Bestes gebe. Wenn es nicht klappt, dann klappt es eben nicht und im schlimmsten Fall kommst du wieder heim. Dann ist dir auch niemand böse.“

Wie bist du mit dem Leistungsdruck auf höchstem Niveau umgegangen?
Michael Raffl: „Ich habe es nicht als Druck verspürt. Du willst einfach besser werden – und wenn du täglich mit den besten Spielern der Welt trainierst, wirst du automatisch besser. Man entwickelt sich als Mensch und Spieler ständig weiter, weil man jeden Tag etwas Neues lernt.“

Welches Tor oder Spiel bleibt dir am meisten in Erinnerung?
Michael Raffl: „Im ersten Moment, wenn du den Call-Up bekommst, das erste Mal in eine NHL-Halle gehst und weißt, dass du jetzt spielst – an dieses Gefühl kann ich mich erinnern. Überhaupt erinnere ich mich eher an Gefühle: das Gefühl, das erste Tor zu schießen, oder das Gefühl, wenn man ein wichtiges Playoff-Spiel gewinnt.“

Wie hat sich deine Rolle im Laufe der Jahre verändert?
Michael Raffl: „Ich war in meiner ganzen Jugend Mittelstürmer, aber Johan Strömwall hat mich dann beim VSV auf den Flügel gestellt und mir die Chance gegeben, entweder mit zwei Imports oder in den ersten beiden Sturmreihen zu spielen. Das ist damals ganz gut aufgegangen: ich habe gepunktet und auch einige Tore erzielt. In Schweden hatte ich eine ähnliche Rolle. Als der Call-Up in Amerika kam, habe ich schon geahnt, dass sie noch nach anderen Spielern suchten, weil die Plätze nicht vollständig besetzt waren. Das waren dritte- oder vierte-Linien-Spieler, die die Drecksarbeit übernehmen müssen. Diese Rolle habe ich mir angeeignet und mit Stolz ausgefüllt. So bin ich reingerutscht, und später gab es auch Situationen, in denen ich unter den Top-6 spielen konnte. Irgendwie habe ich einen Weg gefunden, beide Rollen zu erfüllen. Diese Vielseitigkeit wurde sehr geschätzt.“

Jede mögliche Chance nutzen - ist das eine Herangehensweise, die du jungen Spielern mitgeben würdest?
Michael Raffl: „Auf jeden Fall. Es gibt viele verschiedene Wege. Wenn du gut genug bist, viele Tore schießt und das auf NHL-Niveau halten kannst, dann rate ich dir das zu machen - weil da verdient man am meisten Geld und da hat man am meisten Spaß. Aber keine Mannschaft braucht nur Scorer. Es ist wichtig, dass das Team erfolgreich ist und da gibt es viele verschiedene Rollen zu erfüllen.“

Welche Unterschiede hast du zwischen Europa und der NHL erlebt?
Michael Raffl: „Die Konkurrenz in Nordamerika ist viel größer. Du darfst dir kaum drei schwache Trainings erlauben, sonst übernimmt jemand deinen Platz. Es ist ein anderer Druck als in Europa, wo du hinkommst und weißt, die Mannschaft steht zum großen Teil. Das war ein Riesenunterschied. In Amerika ist es immer ein Business, die Trades und vieles weitere. Da bist du am Markt und wenn sie dich tauschen wollen, dann tauschen sie dich. Da hast du nichts mitzureden, musst nur deine Koffer packen.“

Und die Fans?
Michael Raffl: „Das ist in Europa schöner. Das Engagement in der Schweiz war ein Erlebnis, solche Momente vergisst man nicht. Wenn du nach einer gewonnenen Playoff-Serie von der Auswärtsfahrt heimkommst und dich tausende Fans mit bengalischem Feuer empfangen, das war schon ein großer Unterschied. In Nordamerika ist es im Grunddurchgang eher Popcorn essen und Eishockey schauen, im Playoff ist es dann auch anders.“

Wurdest du in Nordamerika häufig von Fans angesprochen?
Michael Raffl: „Ich war bei den Flyers nicht die Person, die ständig im Mittelpunkt stand. Aber man verbringt sehr viel Zeit mit seinen Mitspielern, und wenn man mit einem der Stars unterwegs war, wurde man schnell erkannt.“

Im dritten und letzten Teil spricht Michael Raffl über die Red Bulls und den bevorstehenden Start in die Champions Hockey League.

TEIL 1: Michael Raffl: „Thomas ist immer mit Herzblut dabei“